Wenn man auf die Webseite von Artsy geht, wird man als Besucher der About-Seite mit folgendem Satz konfrontiert: Artsy’s mission is to make all the world’s art accessible to anyone with an Internet connection.
Anyone with an Internet connection. Also Leute wie du und ich. Kunst kaufen.
Die Frage, die sich nach meiner ersten Auseinandersetzung mit Artsy direkt stellte, war: Kann ich denn überhaupt eine Kunstsammlerin sein? Ist das Sammeln von Kunst nicht Menschen wie Peggy Guggenheim vorenthalten? Ist das nicht…teuer, dekadent?
Kunst kaufen, weil man es sich leisten kann
There are currently over 300,000 works available for sale on Artsy, provided by galleries, museums, and institutions from around the world. These works range in price from $100 to over $1,000,000, with new ones added every day, steht des Weiteren auf Artsy. In dieser Preisspanne ist also bestimmt auch etwas für Leute wie du und ich dabei. Nun gut, aber es macht auch wenig Sinn, Kunst zu kaufen, nur, weil man es sich theoretisch leisten könnte.
Kunst muss gelebt werden!
Nach meinem ersten Besuch auf Artsy liess ich also die Idee des Kunstsammelns zuerst einmal im Unterbewusstsein ruhen. Ich grub sie erst Jahre später wieder aus, als ich in Madrid Amaia de Meñaka kennenlernte, Co-Founder der spanischen Sammler-Plattform WeCollect Club. Für sie ist es ganz selbstverständlich, dass jede und jeder Kunst sammeln kann. Ihre Augen glänzten vor Leidenschaft: “Kunst muss gelebt werden!”, sagte sie zu mir. Ihre ungezwungene Art, über Kunst und das Sammeln zu sprechen, fand ich sehr erfrischend.
Ich konnte mich also langsam mit der Idee anfreunden, auch einmal ein Werk erwerben zu wollen. I mean, why not? Anstatt mein Geld für anderen sinnlosen und vergänglichen Kram auszugeben, bietet Kunst eigentlich eine schöne Alternative. Aber ich war mir auch bewusst, dass es wie in der Liebe funktionieren müsste: Ich kann es nicht erzwingen. Ich kann zwar schon einmal meine Fühler ausfahren und mich besser auf meine Umgebung achten, aber schlussendlich werde ich einfach auf “den Richtigen” warten müssen. Und wenn ich das richtige Werk gefunden habe, muss nur noch der Preis stimmen.
L’Ego Mondrian
Im September 2016 fand die erste Wopart – Work on Paper Fair – in Lugano statt. Ann und ich entschieden uns spontan, der Messe einen Besuch abzustatten und nebenbei die letzten spätsommerlichen Sonnenstrahlen am Lago di Lugano abzufangen. Ganz zum Schluss unseres Rundgangs durch die Ausstellungshallen entdeckte ich sie: Die L’Ego Mondrian-Serie des italienischen Künstlers Matteo Negri. Da die Messe eher überschaubar war, stach das goldige Werk mit pinkem Quadrat umso mehr ins Auge. Und der Name traf genau meinen Sinn für Humor.
Der Galerist erklärte, das Werk basiere auf einem äusserst komplexen Druckverfahren auf Baumwolle, das nur mit einem bestimmten Druckgerät möglich sei. Und: Es gebe weltweit nur noch zwei Exemplare dieses Druckers. Ich war entzückt. Ich wusste: Das ist es! Also nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und fragte, wie viel es kosten würde. 1000 Euro. Ich kam ins Schwitzen. 1000 Euro, einfach so? Ich muss drüber schlafen. Ich nahm das Visitenkärtchen des Galeristen. Er schrieb sich meine E-Mail Adresse auf, um mir Informationsmaterial zukommen zu lassen. Dann meinte er noch, wir sollen zum Lac Lugano Arte e Cultura gehen, wo momentan eine Skulptur des Künstlers stehen würde.
Schön, mit Ihnen Geschäfte zu machen!
Ich schlief drüber. Mehrmals. Ich besuchte mehrere Messen und ging an die Berlin Art Week. An der Berliner Liste setzte ich mich nochmals intensiv mit “erschwinglicher” Kunst auseinander, fragte nach Preisen und entwickelte langsam ein Gefühl dafür. Und da stellte ich fest: Der Preis für ein Werk aus der L’Ego Mondrian-Serie von Matteo Negri stimmte für mich.
Ich hatte jedoch gehört, dass man auf jeden Fall feilschen solle. Da ich wusste, dass die Galerie auch an der Kunst Zürich im Oktober sein würde, entschied ich mich dazu, dem Galeristen eine E-Mail zu schreiben. Ich fragte ihn, ob Werke aus der Serie noch übrig seien und ob er vorhatte, diese überhaupt nach Zürich zu bringen. Er antwortete, dass er nur noch zwei Exemplare habe, die 2/21 und die 7/21. Als er einwilligte, mit dem Preis runterzugehen, gab ich grünes Licht: Bild 7/21 mitbringen und see you in Zurich! Der Galerist bereitete alle Papiere für den Zoll vor.
Ich war so aufgeregt, plötzlich ging alles so schnell. Ein paar Tage später holte ich das Bild an der Messe ab. Nach einem freundschaftlich anmutenden Gespräch mit den Galeristen ging es über zur Feierlichkeit der eigentlichen Bezahlung. Danach ein fester Händedruck à la: “Schön, mit ihnen Geschäfte zu machen!” Mit dem gut verpackten Bild unter dem Arm ging ich zufrieden nach Hause und hängte das Bild voller Stolz in meiner neuen Wohnung auf.
Und die Moral von der Geschichte: Trau dich! Hab keine Angst vor Galeristen oder davor, nach Preisen zu fragen. Die Welt des Kunstsammelns sollte nämlich nicht nur einer privilegierten Elite gehören. Und vor allem sollte die Kunst, und nicht die Millionenhöhe in irgendeiner Währung im Vordergrund stehen.
Hier findest du einen spannenden Dokumentarfilm über den Kunstmarkt: GELD MACHT KUNST.
Mehr Informationen:
Save the Dates:
- Wopart Lugano: 14. bis 17. September 2017
- Berlin Art Week: 12. bis 17. September 2017
- Kunst Zürich: 26. bis 29. Okober 2017