Montagabend ist Kinoabend

 

Das ist mir seit La vita è bella nicht mehr passiert: Tränen kullerten über mein Gesicht, als die Abspannmusik los- und das Licht im Kinosaal anging. Der Film Loving Vincent hat mich – ohne zu übertreiben – zutiefst berührt.

“I want to touch people with my art. I want them to say ‘he feels deeply, he feels tenderly’.” – Vincent van Gogh

Momentan geistern so einige biographische Künstlerfilme im Kinoprogramm herum: Von Gauguin (mit Vincent Cassel in der Hauptrolle) bis Maudie und Gerhard Richter. Gemäss Andreas Reckwitz, Kulturtheoretiker und Autor des neulich im Suhrkamp Verlag erschienen Buches Die Gesellschaft des Singulären, lässt sich dieser Trend (wenn es denn einer ist) damit erklären, dass die Idee des “sich selbst verwirklichenden Künstlers” immer noch ein populäres Sehnsuchtsmodell ist. Und das, obwohl sich in den letzten Jahren das Privileg des Kreativen vom Künstler zum Betrachter verschoben hat. Das heisst, der schöpferische Künstlertyp, wie es ihn seit der Romantik gibt, ist trotz allem noch nicht aus den Köpfen verschwunden.

Literweise Ölfarbe

Als schlechte Romantikerin hatte ich immer eine intuitive Abneigung gegen solche Filme (trotz Vincent Cassel in der Hauptrolle). Doch Loving Vincent war mir ein Kinobesuch wert. Und zwar aus einem einfachen Grund, der eher stilistischer Natur ist: Es ist der erste vollständig in Ölfarbe handgemalte Spielfilm. Ja, richtig gelesen. Es ist ein Trickfilm aus literweise Ölfarben. Der Film wurde zuerst mit Schauspielern, unter anderem mit der umwerfenden Saoirse Ronan, gedreht. Ein Team bestehend aus über 100 Künstlerinnen und Künstlern hat danach über Monate hinweg den Malstil Vincent van Goghs studiert und schliesslich die Aufnahmen übermalt. Insgesamt sind so mehr als 65’000 Bilder entstanden, die das letzte Lebensjahr des Malers erzählen. Als Basis für die Storyline dienten 120 Werke und 800 Briefe des Impressionisten an seinen Bruder (die publizierte Briefsammlung soll übrigens absolut empfehlenswert sein).

Absolut sehenswert!

Zur Story an sich will ich an dieser Stelle gar nicht viel verraten. Nur schon einmal vorweg: Die Dialoge sind zum Teil ein wenig kaugummig. Man braucht ein paar Minuten, um vom Film und seiner Ästhetik vollkommen aufgesogen zu werden. Das Schönste aber ist, dass es ein zutiefst menschlicher Film ist, der nur einem Leblosen nicht unter die Haut gehen könnte. Ein Film voller Melancholie, Sehnsucht und Tiefgang. Und ein bisschen Krimi gibt’s auch. In dem Sinn: Den Film dürft ihr auf keinen Fall verpassen!


 

Der Film läuft nicht mehr lange. In Zürich wird er noch im Arthouse Movie 1, Houdini 2 & 3 und im Kosmos 3 gezeigt.

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