Femme Fatale – Cao Yu in der Galerie Urs Meile


Endlich haben wir es in die Galerie Urs Meile in Luzern geschafft, die sich im letzten Jahrzehnt vor allem in zeitgenössischer, chinesischer Kunst einen Namen gemacht hat. Die Galerie hat sich zu einem grossen Teil der Förderung junger, aufstrebender Künstlerinnen und Künstler verschrieben. Klar, man findet im Katalog auch Werke von einem Ai Weiwei. Aber eben nicht nur: Die 1988 geborene Cao Yu, zum Beispiel. Mit Femme Fatale hat sie in Luzern nun ihre erste Einzelausstellung ausserhalb Asiens. Auf den Titel sind wir natürlich kurious geworden und wollten mehr darüber erfahren. Die multidisziplinär arbeitende Künstlerin hat ihren Abschluss von der Central Academy of Fine Arts in Peking gerade einmal vor zwei Jahren abgeschlossen. Doch es geht bereits steil aufwärts: Während der Vernissage hat sich niemand geringeres als Uli Sigg gleich drei der grossformatigen, exzentrischen Fotografien aus der gleichnamigen Serie – Femme Fatale – unter den Nagel gerissen.

Femme Fatale = Pissende Männer

Wir mussten zwei Mal hinsehen, um zu erkennen, dass die Männer auf den Porträts gerade am pissen sind. Männer, die auf den ersten Blick entweder machtvoll-erhaben oder aggressiv-rumpöbelnd erscheinen. Sie repräsentieren jedenfalls stereotypische Bilder von Männlichkeit. Die Fotografien sind in pompöse, goldene Rahmen gefasst, die an die französische Régence-Zeit im 18. Jahrhundert erinnern. Diese Kombination vermittelt bei der Betrachterin und beim Betrachter ein leises Gefühl des Unbehagens aus. Wenn man dann noch weiss, wie die Serie heisst (nämlich Femme Fatale), dann wird einem schnell klar, was Cao Yu damit sagen will: Es geht um gesellschaftliche Vorstellungen, um Schönheitsideale, um Rollenverständnise, um das Patriarchat. Das sind die Themen, um die ihre Werke stets kreisen. Zum Teil tut sie das auf sehr aggressive Weise (wie mit Femme Fatale), zum Teil aber auch sehr subtil, sehr kontemplativ. Zum Beispiel mit der Serie Everything is left behind: Auf weissen Leinwänden hat sie mit ihrem eigenen Haar Sätze gestickt, die sie sich als Frau immer wieder hat anhören müssen: “Our family had the misfortune of having a daughter.”, zum Beispiel. Oder: “Why are you so independent?”.

Ihr Œuvre umfasst nebst Fotografien (welches das neuste Medium in ihrem Repertoire ist) auch Installationen, Skulpturen, Perfomances und Videos. Alles, ausser Gemälden. Das sei nicht so ihr Ding, hätte die selbsbewusste Künstlerin gemeint. Wer sich ihre Einzelausstellung noch ansehen möchte, hat bis diesen Freitag, 24. Mai Zeit dazu. Am 6. Juni findet bereits die Vernissage für die nächste Ausstellung in der Galerie Urs Meile statt: Zhang Xuerui stellt mit The Everyday as Ontology bis am 17. August – Achtung – Gemälde aus. Die Galerie Urs Meile wird auch an der diesjährigen Art Basel dabei sein.

Ein herzliches Dankeschön an Gabriela Gonzalez für die gute Führung!

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