Georg Baselitz zweimal in Basel

 

In der Fondation Beyeler findet anlässlich des 80. Geburtstags des deutschen Künstlers Georg Baselitz eine grosse Retrospektive statt. Ein Pre-Opening während der Basler Museumsnacht, ein ausverkaufter Artist Talk und dutzende von Zeitungsartikeln sind einige der Begleiterscheinungen dieser äusserst erfolgreichen und massentauglichen Ausstellung. Doch dass es sich dabei um eine Doppelschau mit dem Kunstmuseum Basel handelt, weiss kaum jemand.

Kein neuer Wilder

In den 1960er Jahren, als US-amerikanische Pop Art den deutschen Markt stürmte, kippte Baselitz seine Bilder um. Von da an malte er seine Motive auf dem Kopf stehend. Doch die Verkäufe blieben erstmal aus. Erst ab den späten siebziger Jahren fing es an, besser zu laufen. Seine Gemälde liessen sich langsam veräussern. In den Achtzigern wurde er von den grossen Museen gar gefeiert – allerdings als Vater jener neuen Wilden, mit denen er sich überhaupt nicht identifizieren konnte. Georg Baselitz: “In meiner Jugend beherrschte Paris die Kunstwelt, dann wurde Amerika dominant. Und einer solchen Dominanz kann man sich entweder unterordnen, oder es muss einem etwas einfallen, wie man sich durchsetzen könnte. Und ich hatte nie eine andere Idee, als dass dieses Durchsetzen nicht etwa die Qualität, sondern den Inhalt betreffen musste. Und dieser Inhalt war biografisch.”

Frieden schliessen

Der Aussenseiter des Kunstbetriebes hat heute seinen Frieden geschlossen. Vorbei sind die Zeiten rabiater Statements wie: “Ich bin ein Bürger, ich habe eine Frau, ich habe zwei Kinder, ich führe ein braves Leben. Aber wenn ich Bilder male, bin ich eigentlich ausserhalb der Gesellschaft.” In der Fondation Beyeler zeigt Baselitz nun unter anderem sein Alterswerk. Das verkehrte Motiv ist weiterhin unverkennbar. Doch die Altersbilder haben eine bitter-süsse Qualität, eine unglaublich subtile Empfindlichkeit. Die gebrechlichen Körper, der Kontrast zwischen zartem rosa und schwarzem Hintergrund, der leuchtende Effekt – all diese Elemente haben eine unglaublich faszinierende und zugleich melancholische Wirkung. Er male sich im Zustand des alt werdens aus Zynismus, sagt Baselitz.

 

 

Und im Kunstmuseum Basel?

Parallel zur Ausstellung in der Fondation Beyeler zeigt das öffentliche Institut die Papierarbeiten des Künstlers. Diese sind anspruchsvoller, aber weniger publikumswirksam als seine Skulpturen und Gemälde. Und es ist schade, dass die Ausstellung im Kunstmuseum Basel im Schatten der Fondation Beyeler steht. Denn das bringt ein wichtiges Thema mal wieder ziemlich konkret ans Licht: Der Kampf um die Aufmerksamkeit des Publikums. Ein Kampf, der in einer so ausgeprägten Museumslandschaft wie in Basel noch schärfer ist als andernorts. Zudem treffen öffentlicher Auftrag (Kunstmuseum) und privater Kunstbetrieb (Fondation) aufeinander. Und das ist auch gerade deswegen schade, weil es doch eigentlich ein ehrenwertes Projekt ist, dass sich die beiden Betriebe (scheinbar) für die Baselitz-Retrospektive abgesprochen haben. Dass die Papierarbeiten im Kunstmuseum gezeigt werden entspricht auch dessen Auftrag, Felder aufscheinen zu lassen, die bisher im Dunkeln lagen. Macht also Sinn. Meines Erachtens hätte die Schau als Doppelausstellung aber besser kommuniziert werden können. Jammerschade wäre es nämlich, wenn die Öffentlichkeit denken würde: “Jetzt macht das Kunstmuseum auch noch etwas über Baselitz, obwohl doch die Fondation bereits eine Ausstellung dazu zeigt. Da sieht man mal wieder, wie die öffentlichen Häuser so unüberlegt mit unseren Steuergeldern um sich werfen!”.


 

Bis am 29. April ist die grosse Retrospektive in der Fondation Beyeler und im Kunstmuseum Basel zu sehen.

Mehr Informationen dazu hier.

Am 16.Februar findet der Artist Talk in der Fondation Beyeler statt, ist aber leider bereits ausverkauft! Dafür wird er auf Facebook live übertragen.

 

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