The Bonfire of the Vanities von Tom Wolfe

 

Vogel had managed to find a waiter and order some beer. He also asked for some chopsticks. The Huan Li was so frankly commercial and unconcerned about authenticity, they set the tables with ordinary hotel silverware.
How very American it was to assume that these unsmiling Chinese would be pleased if one showed a preference for their native implements … How very American it was to feel somehow guilty unless one struggled over rice noodles and lumps of meat with things that looked like enlarged knitting needles. While chasing some sort of slippery little dumpling around a bowl, Vogel said to Fallow, “Well, Pete, tell the truth. Didn’t I tell you? Didn’t I tell you this was gonna be a great story?”
That wasn’t what Fallow wanted to hear. He didn’t want to hear that the story, the Lmap case itself was great. So he only nodded.
Vogel must have picked up on this brain wave, because then he said: “You’ve naturally started something. You’ve got this whole town talking. The stuff you’ve written – it’s dynamite, Pete, dynamite.”
Suitably flattered, Fallow now suffered a spasm of gratitude. “I must admit I was skeptical the first time we spoke. But you were correct.” He lifted his glass of beer as if making a toast.
Vogel lowered his chin practically into the bowl in order to gobble up the dumpling before it squirted out from between the tips of the chopsticks. “And the great thing, Oete, is that this isn’t just one of those passing sensations. This thing gets down to the very structure of the city itself, the class structure, the racial structure, the way the system is put together. That’s why it means so much to Reverent Bacon. He’s really greatful for what you’ve done.”
Fallow resented these reminders of Bacon0s proprietary interest in the story. Like most journalists who have been handed a story, Fallow was eager to persuade himself that he had discovered and breathed life into this clay himself.


 

Warum dieser Auszug?

Was in The Bonfire of the Vanities passiert, ist im klassischen Sinne eine spannende Geschichte. Sie spielt im Manhattan der späten 1980er Jahre und beinhaltet so viele Ebenen, dass ich das Buch so ziemlich jedem empfehlen würde. Relativ früh im Buch passiert ein Unfall, in den Sherman McCoy und seine Affäre Maria Ruskin verwickelt sind. Aus Sorge darum, dass ihr Techtelmechtel auffliegen könnte, melden sie ihn nicht der Polizei, obwohl sie eigentlich gar keine Schuld trifft. Sie hatten sich in der Bronx verfahren und wurden von einem Autoreifen auf der Strasse gezwungen, mitten auf der Auffahrtsrampe des Highways anzuhalten, um das Hindernis aus dem Weg zu räumen.

Dass die Bronx in den 80ern wohl eines der gefährlichsten Pflaster der ohnehin nicht gerade sicheren Stadt New York ist, wird durch die Panik der beiden Figuren deutlich, die dort mitten in der Nacht mit einem 50’000$ teuren Mercedes Sportwagen unterwegs sind. Sherman ist ein End-Dreissiger, millionenschwerer Gambler der Wall Street, Maria eine Trophy Wife eines reichen alten Sacks, und als zwei Jugendliche auf der unbefahreren Rampe auftauchen und ihre “Hilfe” anbieten, ticken die beiden vollends aus. Sie schaffen es, sich ins Auto zu retten und rasen panisch davon, doch bei ihrem Manöver fahren sie vermutlich einen der beiden Jungs an. Vermutlich – so genau hat es Sherman nicht mitbekommen, er sass schliesslich nicht am Steuer.

Was in den Wochen darauf passiert, ist ein Glanzstück eines Phänomens, das man heute Shitstorm nennen würde. Eine relativ unbedeutende Boulevardzeitung greift die Geschichte des Jungen auf, der in den Hit-and-run-Unfall verwickelt war und nun im Koma liegt. Seine Geschichte macht ihn schnell zur politischen Marionette in einem perversen Kampf um die Gunst der Öffentlichkeit: Er schwarz, wohnte mit seiner Mutter in einer Sozialwohnung und wurde Krankenhaus nicht komplett untersucht. Ihm wurde nur sein Handgelenk verbunden, und die Gehirnerschütterung, die nun vermutlich zu seinem baldigen Tod führen wird, wurde übersehen. Dass er nicht erwähnt hatte, dass er in einem Autounfall verwickelt wurde, um keine weiteren Fragen aufzuwerfen, wird im Artikel geflissentlich übersehen, dafür sorgen die Drahtzieher hinter dem Skandal.

Meist verderben zu viele Köche den Brei, doch in The Bonfire of the Vanities arbeiten die einzelnen Seiten unbewusst am Untergang des Sherman McCoy zusammen. Wir haben den schwarzen Pastor, der in der Geschichte ein Sinnbild für die Benachteiligung der farbigen Teils der Gesellschaft sieht, der aber eigentlich an seinem eigenem Wahlkampf arbeitet. Wir haben Sherman McCoy, der ein riesen Arschloch ist, besessen von seinem aristokratischen Kinn und sich selbst den Master of the Universe nennt, weil er jeden Tag Milliarden an der Wall Street schaukelt. Wir haben den versoffenen Journalisten Peter Fallow, der mit der Sensationsgeschichte des Jahres seinen Job zu retten versucht und wir haben den jungen Staatsanwalt, der vor Komplexen nur so strotzt, sich aber erfolgreich davon überzeugt, ein Virtuose im Gerichtssaal zu sein.

Die Lächerlichkeit der männlichen Selbstbeweihräucherung

Von ihnen allen hören wir abwechselnd wie sich das Drama entfaltet. The Bonfire of the Vanities verlässt nie die Erzählstimme in der dritten Person, der auktoriale Erzähler begleitet uns durch die ganze Geschichte. Dennoch hört man bei jeder Passage sofort heraus, um welche Figur es sich handelt. Wie oben, wo die abschätzige Beobachtung der amerikanischen Grossspurigkeit im chinesischen Restaurant den britischen Journalisten Peter Fallow entlarvt, noch bevor sein Gegenüber ihn mit “Pete” anspricht.

Allen Erzählstimmen gemeinsam ist das Alpha-Männchen-artige sich-auf-die-Brust-trommeln der Herren, die hier zu hören sind. Sie alle stehen auf der richtigen Seite der Machtstruktur dieser riesigen Stadt, sie sind Broker, Anwälte, Politiker oder religiöse Meinungsführer. Sie wissen die Regeln ihres jeweiligen Spiels zu spielen. Und sie sind Männer. All diese Punkte können sie sich selbst gar nicht oft genug sagen. Wolfe schafft es, die Idiotie der Selbstwahrnehmung so zuzuspitzen, dass man es fast nicht mehr aushält.

Es ist nicht die Poetik der Sprache, die das Buch so lesenswert macht, sondern den Sog, der durch die spielerische Aneinanderreihung der verschiedenen Perspektiven entsteht. Ich weiss noch, wie ich bei den ersten Kapiteln, die ich gelesen habe, jeweils ungeduldig war, wenn eine Passage geendet hat und sich ein neuer Erzählstrang eingeflochten hat.

Wie geht es denn nun weiter mit Sherman McCoy, ich will doch jetzt nichts von diesem lahmen Staatsanwalt Larry Kramer lesen. Nur hat mich die Obsession des Anwalts, der während einer Verhandlung einen heissen Flirt mit einer attraktiven jungen Frau aus der Jury mit braunem Lippenstift komplett in seinem Kopf konstruiert, nach einigen Sätzen so sehr gepackt, dass ich dann wieder ungeduldig wurde, als Larrys Part endete.

Gut gegen Böse, doch wer ist wer?

Was die Geschichte ausnahmslos durch die Hunderten von Seiten trägt, ist die Spannung ihres Ausgangs. Wird sie deswegen erzählt, weil sie zeigt, dass sich an den Machtstrukturen der weissen New Yorker Oberschicht nie etwas ändern wird und Sherman McCoy trotz seiner Verhaftung nochmal mit einem blauen Auge davon kommt? Oder wird sie erzählt, weil sie ein Beispiel für einen Umbruch ist? Ein Umbruch, der plötzlich einem Teil der Gesellschaft mit Hilfe der Grausamkeit der Massenmedien Gehör verschafft und am Ende vielleicht Gerechtigkeit? Doch wie kann es Gerechtigkeit geben, wenn sich die Hetze der Öffentlichkeit gegen den gewissenlosen Raser von der Wall Street richtet, der den unschuldigen Musterschüler umfährt und krepierend am Strassenrand liegen lässt, wo er doch nur auf dem Weg war, sich sein Abendessen zu besorgen? (und der Umstand vergessen geht, dass nicht McCoy am Steuer sass und die Situation auf der Rampe weitaus unklarer ist)


 

Interessiert?

Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation in Amerika, in der Rassenkonflikte höchst brisant sind, ist es besonders spannend das Buch zu lesen. Auch gut dreissig Jahre später ist es viel zu leicht nachvollziehbar wie sich diese Geschichte in ihren perfiden Manipulationsebenen entfaltet. Schwarz gegen Weiss, Arm gegen Reich, Socialites gegen die Peripherie der Gesellschaft – Wolfes Roman ist ein Zeitzeuge der schier endlosen Eitelkeit der New Yorker Gesellschaft der 80er und gleichzeitig die unangenehme Erinnerung daran, wie träge gesellschaftlicher Wandel sein kann.

Es ist bis zu den letzten Seiten des Buchs nicht zu sagen, wer gewinnt. Geschweigedenn wer es überhaupt verdient hätte. Tom Wolfe war in erster Linie als Journalist tätig und so wundert es nicht, dass die Macht des Mediensystems die ganze Geschichte durchdringt. Leise zwar, schliesslich handelt es sich bei The Bonfire of the Vanities nicht um ein Mahnmal für die verquere Logik der Massenmedien, doch beim Gerangel wer die Geschichte um den Hit-and-run-Unfall in der Bronx möglichst lukrativ ausschlachtet,erweisen sich Zeitungen und Fernsehen als unkontrollierbare Macht.

Das Ende hat mich zuerst nicht wirklich zufriedengestellt, doch es kann schliesslich nur einen Gewinner geben. Und je länge ich über das Buch nachdenke, desto klarer war es von Anfang an, wer das sein würde.

Hier kannst du The Bonfire of the Vanities kaufen.

Tom Wolfe

 


 

Wer noch mehr wissen möchte

Tom Wolfe ist gerade diese Woche gestorben. Ihr findet also eine ganze Menge Artikel und Nachrufe über ihn im Web, die sich hervorragend dazu eignen, sich einen Überblick über sein Schreiben zu verschaffen. Der Beitrag im Guardian bietet einen Einblick in die journalistische Seite seiner Karriere, die ZEIT wagt einen Rundumschlag (auch wenn ich schon dem ersten Satz des Nachrufs – Ach, hätte er doch nie das Romanschreiben angefangen – entschieden widersprechen muss) und die NZZ nennt ihn den “hochsensiblen Seismograf” einer Gesellschaft.

Schaut euch nicht den gleichnamigen Film dazu an! Ich habe nur den Trailer gesehen, aber kann euch versichern, er reicht bei Weitem nicht an die grossartige Tonalität der Figuren im Buch heran.

PS: Jeder Artikel erwähnt seine Kleiderwahl, ich möchte euch also Smalltalk-technisch nicht im Regen stehen lassen: Tom Wolfe ist der mit dem weissen Dreiteiler. So ziemlich jedes Foto zeigt ihn in dieser “Uniform” des New Journalism Dandys.

Leave a Comment